_Geschichte_ Die ursprüngliche Heimat der Senfpflanze ist Vorderasien und Indien, heute ist die Senfpflanze in vielen Ländern heimisch. Scharf schmeckende Teile von Pflanzen und auch die Senfsamen werden seit Jahrtausenden als Gewürz und um Speisen haltbar zu machen verwendet.
Bereits die Ägypter, Griechen und Römer kannten den Senf als Würzpulver und nutzten ihn, z. B. um Fleisch zu konservieren. Zu dieser Zeit galt Senf jedoch nicht nur als Speisewürze, sondern vor allem als Heilmittel. Die Römer waren es, die den Senfanbau nördlich der Alpen einführten. Karl der Grosse ordnete später, im Jahr 795 n. Chr., den Senfanbau in Deutschland sogar offiziell an.
Im Mittelalter waren die Samen der Senfpflanze vor allem als Würzmittel für gepökeltes Fleisch beliebt. Senf galt als "Würze der Armen" und blieb bis zur Einfuhr neuer Gewürze aus Asien das wichtigste Würzmittel. Ausserdem schätzte die mittelalterliche Apotheke Senf als Heilmittel für die Verdauungsorgane.
Die Franzosen beschäftigten sich im 13. Jahrhundert intensiv mit der Zubereitung von Senfmixturen - so entstand beispielsweise der Dijon-Senf. Die Stadt Dijon erhielt das Senfherstellungsmonopol in Frankreich. Der Senf wurde dort mit Most anstelle von Essig angesetzt. So entwickelte sich das französische Wort für Senf (moutarde), welches im Englischen zu mustard und im Deutschen zu Mostrich wurde.
_Die Senfpflanze und die Senfsamen_ Die Senfpflanze gehört - wie der Kohl - zu der Familie der Kreuzblütler. Es gibt über 100 Senfpflanzenarten, von denen der Schwarze Senf (Brassica nigra), der Weisse Senf (Sinapsis alba), der Indische Senf (Brassica juncea) und der Wilde Senf /Ackersenf (Sinapsis arvensis) am bekanntesten sind.
Wer auf Senfkörner beisst, wird feststellen: Sie schmecken zuerst mild und nussartig und entwickeln erst im Nachhinein die typische Senfschärfe. Das hat folgenden Grund: Die trockenen Senfkörner enthalten noch kein Senföl, das für den typischen Senfgeschmack verantwortlich ist. Senföl entsteht erst, wenn die im Senfkorn enthaltenen Stoffe mit Wasser in Berührung kommen. Dann spaltet sich mit Hilfe eines Enzyms das im Senfkorn befindliche Sinigrin in Traubenzucker und Senföl. Ganze Senfkörner kann man darum auch nur da zum Würzen verwenden, wo sie Zeit haben, ihr Aroma zu entfalten, also vor allem zum Einlegen.
Zur Herstellung von Tafelsenf werden folgende Senfsamen verwendet:
* Schwarzer Senf (auch brauner Senf genannt) wird bis zu 1 Meter hoch; seine Blätter sind rau und behaart. Die kleinen gelben Blüten bringen glatte, runde Samen hervor, die in der Reifezeit schwarz werden. Die schwarze Senfsaat enthält ein Öl, das sehr scharf in Geruch und Geschmack ist und die so genannte "Nasenschärfe" verursacht. Da es aber zudem auch leicht flüchtig ist, besitzen scharfe Senfsorten mit zunehmendem Alter immer weniger Schärfe. Der schwarze Senf ist der schärfste aller Senfsorten.
Schwarzer Senf wird hauptsächlich in Osteuropa und in Italien angebaut.
* Indischer Senf ist fast so scharf wie Schwarzer Senf.
* Weisser Senf (auch gelber Senf genannt) wird bis zu 75 cm hoch.
Seine Blüten sind grösser als die des Schwarzen Senfs und bringen grosse gelbe Samen hervor. Weisser Senf ist weit weniger scharf als Schwarzer Senf, der Geschmack ist würzig-mild. Der weisse Senf enthält ein Öl, das die so genannte "Mundschärfe" beim mittelscharfen Senf verursacht. Weisser Senf wird in Kanada, in Osteuropa und in Deutschland angebaut.
_So entsteht Tafelsenf - die industrielle Herstellung_ Senf ist das einzige Gewürz, das seinen eigenen Geschmack erst im feuchten Zustand entwickelt. Durch das Vermahlen der Senfkörner zu Pulver entsteht lediglich ein Produkt mit bohnenartigem Geruch.
Die Herstellung einer "Paste" ist die Voraussetzung zur Ausprägung des typischen Senfaromas. Das Senfkorn muss im Verlauf seiner Verarbeitung aufgeschlossen werden. Das bedeutet z.B., dass die chemischen Verbindungen, welche für Schärfe und Geschmack verantwortlich sind, sich entwickeln müssen. Dazu ist ein "Einweichen" der Senfkörner erforderlich, Fachleute sprechen vom "Einmaischen".
Ausschlaggebend für den Geschmack und die Schärfe sind die verwendeten Senfkörner bzw. Ihr jeweiliges Mischungsverhältnis.
Die eigentlichen Geschmacks- und Schärfeträger sind die ätherischen Öle, welche im Herstellungsverlauf aus den Senfsaaten freigesetzt werden. Ist der Anteil der Schwarzen Senfsaat hoch, ist der Senf sehr scharf. Je höher der Anteil der weissen Senfsaat, umso milder ist der Senf.
Bei der Herstellung von Speisesenf wird die Senfsaat zunächst gründlich gereinigt. Dann wird die Saat zwischen Walzen zu Flocken gequetscht. Je nach Anteil und Mischungsverhältnis der verschiedenen Senfarten kann die gewünschte Schärfe "eingestellt" werden.
Das durch das Quetschen gewonnene Senfschrot ist ölhaltig. Ein Teil des Öls wird nun entzogen.
Dann werden die Flocken mit Wasser, Gewürzen, Essig, Salz, Zucker (je nach Endprodukt) vermischt. Diese Maische muss nun eine Weile quellen. Dabei entsteht die charakteristische Schärfe (Senföl entsteht nur in Anwesenheit von Flüssigkeit).
Je nach Produkt und Rezeptur kommen verschiedene Essigs orten (zum Beispiel Weingeistessig, Weinessig, Apfelessig, Kräuteressig), Zucker und Salz, sowie natürlich die verschiedensten Gewürze hinzu: Estragon, Pfeffer, Kapern, Chilis, Koriander, Piment und so weiter.
Anschliessend wird die Maische in zwei aufeinander folgenden Prozessen vermahlen, um die gewünschte Feinheit und Glätte zu erreichen und um eine gleichmässige, intensive und vor allem dauerhafte Verbindung aller Bestandteile zu erhalten.
Da der Senf während des Mahlvorganges auf bis zu 50 °C erwärmt wird, muss er im Anschluss gekühlt werden, damit Qualität und Mindesthaltbarkeitsdauer gewährleistet werden können. Während des Mahlens muss sehr genau darauf geachtet werden, dass eine Temperatur von 50 °C nicht überschritten wird, da sich ansonsten das Aroma gebende Senföl verflüchtigen könnte.
Danach reift der Senf in grossen Behältern, bis er den gewünschten Geschmack erreicht hat.
_Die Inhaltsstoffe_ Die moderne Ernährungswissenschaft hat nachgewiesen, dass Senf schwere Speisen leichter verdaulich macht: Die ätherischen Öle im Senf regen die Magen- und Gallensaftbildung an und tragen so zur besseren Verwertung von Fett und Eiweiss bei.
Ausserdem enthalten Senfkörner Stoffe, die das Wachstum krank machender Bakterien im Darm hemmen können.
_Senf in der Küche_ So unterschiedlich die Geschmäcker, so unterschiedlich die Speise-Senfsorten. Während man im Norden und Westen scharfen bzw.
starken Senf bevorzugt, wird im Süden lieber mit dem milden oder süssen Senf gewürzt.
Die verschiedenen Speise-Senfsorten:
* Extrascharfer Senf besteht überwiegend aus der scharfen braunen Senfsaat und ist aufgrund des hohen Gehalts an Senföls von feurig-scharfem Geschmack. Besonders geeignet ist er zu fetten Fleischgerichten, wie Schweinebraten und Eisbein. Hierzu gehört z.B. Düsseldorfer Senf.
* Düsseldorfer Senf: Dieser Senf zeichnet sich durch seine besondere Schärfe aus. Bei seiner Verarbeitung werden die frisch gemahlenen Senfkörner nicht entölt. So erhält der Senf sein charakteristisches Aroma. Diese Spezialität dürfen laut Gesetz nur Hersteller aus dem Raum Düsseldorf anbieten.
* Scharfer Senf wird aus einem grossen Teil brauner und einem kleinen Teil gelber Senfsaat hergestellt. Im Geschmack ist er sehr pikant und passt gut zu Würstchen und gebratenem Leberkäse.
* Dijon-Senf ist eine Variante des scharfen Senfs. In Dijon entdeckte man vor Jahrhunderten, dass der aus unreifen Trauben gepresste Most sich hervorragend für Mostrich eignet. Dijon Senf ist besonders fein, weil das Senfmehl nach dem Mahlen gesiebt wird, um alle Schalenreste zu entfernen. Ausser grünem Most und etwas Salz enthält Dijonsenf keine weiteren Zutaten. Daher auch der Name Mostrich.
* Mittelscharfen Senf kennt man auch unter der Bezeichnung Delikatess- oder Tafelsenf. Für diesen Senf wird anteilsmässig gleich viel braune und gelbe Senfsaat verwendet. Mit Wein- oder Branntweinessig und Speisesalz wird er harmonisch abgestimmt. Im Geschmack ist er leicht würzig. Mittelscharfer Senf wird gerne zum Bestreichen von Rinderrouladen verwendet.
* Milder Senf - wird als Delikatess- oder Tafelsenf bezeichnet. Er wird überwiegend aus Gelbsenfsaat hergestellt. Dieser Senf eignet sich besonders zur Herstellung von Senfsossen.
* Süsser Senf ist eine bayerische Spezialität. Die gelbe und braune Senfsaat wird grob vermahlen, geröstet und mit Zucker gesüsst. Der Senf erhält dadurch seinen typisch süsslichen und karamellartigen Geschmack. Er wird vorwiegend zu Weisswurst gegessen oder zum Abschmecken von Salatsossen verwendet.
* Kräutersenf bekommt durch den Zusatz von feinen Kräutern wie Petersilie, Estragon, Dill und Majoran die raffinierte Note.
* Rotisseur-Senf ist nur grob vermahlen und verliert selbst durch starkes Erhitzen nicht sein Aroma. Er ist daher gut für die warme Küche - also für kurz gebratenes Fleisch und Grillfleisch geeignet. Sein Geschmack ist pikant-würzig.
* Champagner-Senf ist ein mittelscharfer Rotisseur-Senf, der bei der Herstellung mit Champagner verfeinert wird. In seinem Geschmack ist er feinaromatisch und würzig. Mit seinem feinen aromatischen und würzigen Geschmack eignet er sich für die Zubereitung feiner Senfsossen zu gedünstetem Fisch, wie Lachs, Zander oder Seezunge.
* Bordeaux-Senf ist ziemlich dunkel und grobkörnig, da die Samenhülsen mit verwendet werden, und enthält Weinessig und viele Kräuter, vor allem Estragon. Dieser sehr würzige Senf schmeckt als Beilage zu Gebratenem und Gegrilltem.
Während bei uns Senfmehl, also die gemahlenen Senfkörner, erst allmählich in Mode kommt, braucht man es in England schon seit Generationen. Hausfrauen und Köche rühren sich dort ihren Senf aus Senfmehl und Wasser selbst an. Dadurch hat man den ganz reinen, neutralen Senfgeschmack, der nicht wie bei unseren Tafelsenfarten durch Essig, Salz und Gewürze abgewandelt ist. Doch Vorsicht: Senfpulver ist sehr scharf, es besteht nämlich zum grössten Teil aus schwarzem Senf. Senfmehl sollte immer mit kaltem Wasser angerührt werden und ca. 10 Minuten ziehen, dann kann man es in heisse Speisen oder Marinaden geben, ohne dass es bitter wird.
In der indischen Küche werden die Samenkörner des schwarzen Senfs ganz verwendet. Senfkörner haben eine angenehme, leichte Schärfe und lassen nichts von dem Feuerwerk ahnen, das scharfer Senf in Mund und Rachen zu entzünden vermag.
Die Samenkörner sind nicht das einzig Essbare an der Pflanze. Die jungen Blätter können wie Kresse als Salat gegessen werden, ältere Blätter kann man als Gemüse zubereiten.
Die aromatischen Blätter des chinesischen Senfs, der auch als chinesischer Senfkohl oder Pak- Choi bekannt ist, sind in heissen Klimazonen sehr beliebt und werden wie Spinat zubereitet. Pak- Choi wird hauptsächlich in China, Korea und Japan angebaut. Aus ernaehrungsphysiologischer Sicht ist der Pak-Choi ein Gemüse mit vielen wertvollen und wichtigen Nährstoffen, die bis zu doppelt so hohe Werte aufweisen, wie die des Weisskohls. Sein Name bedeutet in der cantonesischen Sprache "weisses Gemüse".
_Tipps_ Wer Senf als Würze mag, sollte mindestens drei unterschiedliche Sorten zu Hause haben: Dijon-Senf, extrascharfen oder Senfpulver zum Würzen deftiger Braten, mittelscharfen als Hintergrundwürze und eine oder zwei der anderen Senfarten als Beilage zu Wurst, Fleisch oder Käse.
Senf ist im Allgemeinen bis zu einem Jahr haltbar. Man sollte allerdings beachten, dass Farbe, Geschmack und Schärfe des Senfs sich bei falscher Lagerung nachteilig verändern können und der Senf durch Austrocknung sein Aroma verlieren kann.
Senf sollte kühl, luftdicht und dunkel aufbewahrt werden.
Senfschärfe verfliegt während des Kochens. Wer sie liebt, sollte darum erst immer gegen Ende der Garzeit mit Senf würzen.
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