_Heilmittel und Verführung_
Die Sauerkirsche (Prunus cerasus) kennt man unter vielen Bezeichnungen: Weichsel wird sie genannt, Amarelle oder auch "Schattenmorelle", eine Verballhornung des franz. Schlosses Château Morel, in dessen Umgebung die wohl besten Sauerkirschen gezüchtet werden. Diese Kirschsorte wurde 1598 erstmals beschrieben. Die Sauerkirsche stammt ursprünglich aus dem westlichen Asien und aus Südosteuropa. Als Sauerkirsche wird eine recht grosse Gruppe von Kirschen bezeichnet: Zum einen gibt es die "echten Sauerkirschen", z. B. die Weichseln (mit färbendem Saft) oder die Amarellen (farbloser Saft). Zu den Sauerkirschen zählen auch die so genannten Bastardkirschen. Das sind Kreuzungen zwischen Sauer- und Süsskirschen, die die Eigenschaften beider Arten vereinen. Sie sind als Süssweichsel oder Glaskirsche bekannt und schmecken in der Regel süsslich-sauer. Ähnlich wie die Erdbeere symbolisiert die kleine rote Frucht im Volksglauben die Verführung zur Sinneslust. In mittelalterlichen Darstellungen ist sie neben dem Apfel die verbotene Frucht. Beinahe der ganze Kirschbaum fand früher als Heilmittel Verwendung: Blätter, Stiele, Steine und das Harz. Aus den Blättern wurde, meist in Kombination mit anderen Kräutern, Tee gekocht. Ein Aufguss aus den Stielen galt als schleimlösendes Mittel. Das Baumharz, in Wein gelöst, diente als Hustensaft und die Kerne wurden erwärmt und dienten als Heizkissen.
_Robust und reich an Ertrag_
Die winterharten Sauerkirschen sind kleinwuechsig, anspruchslos und werden auf der Nordhalbkugel der Erde angebaut. Die leuchtend hellroten bis dunkelroten Kirschen haben meist weiches, lockeres Fruchtfleisch und sind sehr saftig. Im Geschmack sind sie mildsäuerlich herb und oft angenehm würzig. Die Weichselkirschen sind die bekannteste Sorte. Die Kirschsaison, eingeteilt in die 1. bis 9. Kirschwoche, reicht bei uns von Mitte Juni bis August, mit einem Schwerpunkt im Juli. Zum Beispiel sind die Schattenmorellen in der 6. bis 7. Kirschwoche reif zum Ernten. Sie sind wegen ihrer hohen Erträge und guten Qualität am meisten verbreitet. Deutschland ist eines der weltweit grössten Anbauländer für Kirschen. Am meisten baut Italien an, Frankreich folgt an zweiter Stelle.
_Gesundheit und den Inhaltsstoffe_
Die Inhaltsstoffe stimmen bei Sauerkirschen und Süsskirschen überein, bis auf den Säuregehalt. Bei den Sauerkirschen ist der Zuckergehalt unwesentlich geringer und der Eisengehalt etwas höher. Der saure Geschmack ist auch der Grund dafür, dass sich die Sauerkirschen roh nicht so gut zum Essen eignen.
Je dunkler die Kirsche, desto mehr wertvolle Inhaltsstoffe stecken in der Frucht. Besonders die Mineralien Kalium, Eisen, Magnesium, Phosphor und Kieselsäure sind in hoher Konzentration in den dunklen Sorten zu finden. Zusammen mit den Vitaminen ss-Karotin, Vitamin C und den B-Vitaminen B1, B2 und B3 wird daraus ein ideales Kinderobst. Alle diese Substanzen unterstützen den Aufbau von Knochen und Zähnen sowie die Blutbildung.
Mit einer Kirschdiaet von täglich 250g Kirschen kann man den Harnsäurespiegel senken und dadurch der Gicht vorbeugen. Die Pflanzenfarbstoffe (Anthocyane), welche den Kirschen ihre herrlich rote Farbe verleihen, kräftigen zusammen mit Vitamin C und Zink unser Bindegewebe, indem sie Kollagenfasern zu einem elastischen Geflecht verknüpfen. Nach neueren Untersuchungen der Michigan State University sind die Anthocyane in den Kirschen auch für ihre schmerzstillende Wirkung bekannt. So können -zumindest in der Sauerkirschenzeit- 20 Sauerkirschen ein bis zwei Tabletten Aspirin ersetzen!
Die Sauerkirschen mit ihren vielen guten Fruchtsäuren regen den Magen-Darm-Trakt und alle Verdauungsdrüsen an, besonders die Bauchspeicheldrüse.
Sauerkirschsaft ist gut gegen Fieber.
Vorsicht: Nicht zuviel Wasser nach dem Verzehr von Sauerkirschen trinken! Auf der Schale befinden sich Hefezellen, die normalerweise durch die Magensäure abgetötet werden. Trinkt man viel, wird die Magensäure verdünnt und es fängt an zu gären. Die Folge sind Bauchschmerzen.
_Einkauf und zur Verarbeitung_
Madige Kirschen haben wenig Glanz. Bei Verdacht auf befallene Früchte sollte man die Sauerkirschen etwa 15 Minuten in lauwarmes Wasserlegen, dann kommen die Maden heraus. Sauerkirschen sollten möglichst sofort nach dem Einkauf verwendet werden. Da Kirschen generell sehr empfindliche Früchte sind, sollten sie fest, prall und trocken sein. Bei nassen Früchten kommt es unten im Korb schnell zur Schimmelbildung.
Sauerkirschen eignen sich hervorragend zum Einfrieren. Auf einem Arbeitstablett nebeneinander legen und kurz anfrieren - funktioniert auch gut in der Form von Saft oder Kirschpüree. Werden Sauerkirschen erhitzt, z. B. als Kompott oder als Beilage zu Fleisch oder Fisch, dann sollten sie nicht länger als 5 Minuten gekocht werden. Besser ist es, die Kirschen nur unter den heissen Sud zu mischen und ziehen zu lassen, so behalten sie ihre Form. Gerade die Sauerkirschen entfalten durchs Kochen ihren ganzen Charme, besonders würzig sind die Schattenmorellen.
Sauerkirschen als Dessert harmonieren besonders gut mit Vanille, Zimt, Gewürznelke, Zitronenschale und vor allem mit Schokolade. Lorbeer und Piment, Salbei und Estragon passen zu pikant zubereiteten Kirschen. Übrigens: Es gibt inzwischen erstklassige getrocknete Sauerkirschen zu kaufen.
Rezepte: Sauerkirschen-Lamm-Gulasch Weichsel-Schokoladekuchen Dekowuerfel für coole Drinks
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kirschen. Rtf
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